Das Kulturlokal in der Berner Altstadt seit 1953
Inmitten der Berner Altstadt, zwischen Pflastersteinen und Laube, liegt das charmante Kellerlokal des ONO. Seit 1953 ist das «kleintheater kramgasse 6» eine Oase der Kunst und Kultur – und dies nicht nur für die Stadtberner, sondern für Kulturinteressierte aus der ganzen Schweiz. Im Laufe der Jahre versammelten sich hier unzählige Menschen, darunter bekannte Namen wie Meret Oppenheim oder Hugo Ball.
Als per 1. Januar 2004 Dr. Thomas Nyffeler die Leitung des Lokals an Daniel Kölliker übergab, erhielt das kleintheater kramgasse 6 nicht nur einen neuen Namen, sondern wurde grundlegend renoviert. Seit da fungiert das ONO als Mehrspartenbetrieb mit den Schwerpunkten Sounds, Jazz, Klassik, Bildende Kunst, Literatur, Tanz und Theater.
Anspruch und Vision formuliert das ONO wie folgt:
Das ONO versucht, neue Strömungen in der Kulturlandschaft auf der Bühne abzubilden und noch Unbekanntem einen Raum und Namen zu geben. Das Kulturlokal bringt aber auch bekannte Größen. […] ONO will ein Ort für leise Töne und ihr lautes Echo sein; ein Ort, der immer wieder neu erfunden und reflektiert werden soll. Im Vordergrund steht das Nachdenken über die Gesellschaft und ihre kulturellen Erzeugnisse.
Der Lesesessel vom 05. August 2020
Als ich vor einigen Wochen entdeckte, dass das ONO alle zwei Monate den «Lesesessel» anbietet, eine Literaturveranstaltung für Schreibende aller Art, markierte ich mir das Datum vom 05. August 2020 fett in meiner Agenda. Und an besagtem Abend machte ich mich dann auf den Weg in die Berner Altstadt.
Um dem Corona-Schutzkonzept des ONO gerecht zu werden, setzte ich meine Maske auf und betrat das Kellerlokal über eine steile Steintreppe. Abendkasse und Bar waren mit einem Spuckschutz von der Kundschaft abgetrennt. Überall stand Desinfektionsmittel. Ja, die ernst genommenen Corona-Massnahmen gaben ein gutes Gefühl.
Ich betrat den Saal durch eine schmale Öffnung in der Steinmauer. Kleine Club-Tischchen standen verteilt im Raum, weisse Klappstühle mit einem schwarzen Sitzkissen wurden aufgestellt. Der Kellerraum war hübsch eingerichtet: Naturbelassene Steinwände, eine Diskokugel an der Decke und am hinteren Ende des Saales eine Balustrade aus verschnörkeltem Eisen und ein origineller Kaminabzug aus Büchern. Ein wohliges Gefühl durchströmte mich. Mir gefiel es hier! Mein Blick wanderte weiter zur leicht erhöhten Bühne, auf der ein Sessel, ein Tischchen, eine Lampe, ein Glas Wasser standen – darauf wartend von den Vortragenden benützt zu werden.
Literatur, Musik und ein Format, das lebt
Im Laufe des Abends nahmen auf dem Sessel vier Schreibende Platz und lasen aus ihren Werken vor: Sascha M. Campi, Krimiautor, der die Inspiration aus seiner Zeit im Gefängnis holt, Lou Meili, welche es liebt, auf den Input des Publikums hin zu schreiben, Raphael Reift, der Wortanalyst und Lyriker und schliesslich Romana Ganzoni, eine Powerfrau und ein literarisches Feuerwerk.
Romane wurden vorstellt, Gedichte vorgetragen, Vorgehensweisen erklärt oder Textlängen diskutiert. Die interessierte Moderatorin Conny Brügger bezog das Publikum wo möglich mit ein – und die Gäste liebten es. Wohlklingende und unterhaltsame Klänge aus Trompete, Klavier und Plastikschweinchen (ja tatsächlich!) von Daniel Woodtli rahmten die Literatur-Darbietungen ein. (Woodtli ist übrigens ein begnadeter Musiker, schau doch mal auf seiner Website vorbei.)
Das innovative Format des Lesesessels hat Beständigkeit und existiert seit vielen Jahren. Bereits 2012 hat der Lesesessel die Literarische Auszeichnung des Kantons Bern erhalten – in meinen Augen absolut berechtigt.
Bis zum nächsten Mal!
Danke ONO. Für das stimmungsvolle Ambiente. Für die professionelle Art. Für die Unterstützung der Kulturschaffenden. Für die Energie, die ihr in solche Abende investiert. Ich kann ein Besuch im Kulturlokal wirklich nur wärmstens weiterempfehlen.
Der nächste Lesesessel findet am 07. Oktober 2020 um 20:00 Uhr statt. Reservieren kannst du hier.
Bis bald – im ONO.
www.onobern.ch
ONO – Das Kulturlokal
Gerechtigkeitsgasse 31
CH-3011 Bern
Liebe Noemi
Es freut mich sehr, dass es Dir bei uns so gut gefallen hat. Das macht uns glücklich, spornt uns an, motiviert und ist Balsam für die „Corona-Seele“. Wir können hoffentlich bald wieder öffnen und dann wird es auch mit den Lesesesseln wieder losgehen….
Herzliche grüsse aus dem Keller
Daniel Kölliker, Leiter ONO
Oh, wie schön, lieber Daniel. Und da freue ich mich sehr darauf!