Christian Schmid: Da hast du den Salat

Hast du gewusst, dass das Mundart Wort «Taburetli» linguistisch gesehen von der Trommel abstammt? Christian Schmid erklärt mit linguistischem Ansatz zahlreiche Begriffe und Redensarten rund um die Küche.

Hast du gewusst, dass das Mundart Wort „Taburetli“ linguistisch gesehen von der Trommel abstammt? Ja, das ist wahr, „tabouret“ heisst im Französischen „Hocker“. Und die frühe Trommelform dieses Hockers war es, die sinnstiftend für „tambour“, älter „tabour“ war, so Christian Schmid, Autor des grandiosen Sachbuches «Da hast du den Salat».

Christian Schmid ist Sprachforscher und Autor. Bis zu seiner Pensionierung 2012 arbeitete er über viele Jahre beim Schweizer Radio DRS 1 und war unter anderem Mitbegründer der Mundartsendung «Schnabelweid». Sein Interesse an der Sprache und Kultur ist immens, das spürt man auch beim Lesen dieses Buches. 

Um was gehts? 

In «Da hast du den Salat» widmet sich Schmid der Sprache und Kultur rund um die Küche – von damals bis heute. Er analysiert Begriffe und Redewendungen zum Küchenpersonal, zum Kochen, zur Küche an sich. Er veranschaulicht Küchengeräte, die Verwendung fanden und finden, aber auch die Zubereitungsweisen und die sprachliche Vielfalt von Speisen wie Brei und Mus, Suppe, Salat, Gemüse, Fleisch, Geflügel und Fisch. 

Worte wie «sudeln» und «Sudler» kriegen in dem Momente eine neue Bedeutung, in dem Schmid den Ursprung beim Feldkoch sucht:

Weil der Sudler im Feldlager oft unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten musste und seine Küche […] kaum sauber halten konnte, wurde das Wort bereits ab dem 17. Jahrhundert vorwiegend im pejorativen Sinn gebraucht für Schmutzköche, Küchenjungen und Scheuermägde und das Verb sudeln nahm die Bedeutung «schmieren, unreinlich arbeiten» an.

Auch erklärt er beispielsweise, wie aus dem griechischen Wort «chàos» (leerer Raum) ebenfalls im 17. Jahrhundert durch den Chemiker Johan Baptista van Helmont die Bezeichnung für Gas wurde. Schmid analysiert weiter die Bedeutungen von Mundart Redewendung wie zum Beispiel «zwüsche Stüehl und Bänk sy» (weder zu den Armen, noch zu den Reichen gehören), oder wie das Wort Gemüse «rüsten» von dem Rüsten (Bereitmachen) der Wehrmacht abgeleitet ist. 

In elf Kapiteln resultiert daraus ein Mix (oder auch ein Salat) aus Wortherkunft, Kulturgeschichte und Sprachanalyse.

Linguistik und Kulturgeschichte in einem

Dem Sprachforscher gelingt dabei der sichtlich schwierige Spagat: Trotz der Vielfalt und Menge an Informationen, kommt der Inhalt unterhaltsam daher. Eine beachtliche Leistung, denn die rund 280 Seiten bieten einen immensen Wissensfundus an linguistischen und kulturhistorischen Details und ich bin überzeugt, dass hinter diesem Buch unzählige Stunden Recherchearbeit stecken. 

Ich finde es total spannend hinter die Kulissen von heute gängigen Begriffen zu schauen und deren Ursprünge und Verwandtschaften aufzudecken. Es ist erstaunlich, wie konkret sich die Kulturgeschichte hinter unseren heutigen Formulierungen noch verbirgt. Die deutsche Sprache hat sich in den letzten 300 Jahren stark gewandelt und dennoch hinkt sie vielerorts noch den gesellschaftlichen Entwicklungen hinterher.

Ein Must-have für alles Sprachinteressierten

Ich empfehle das Buch gerne weiter: Eine anschauliche und aufschlussreiche Lektüre für alle diejenigen, welche grundsätzlich an der Deutschen Sprache und Mundart interessiert sind, aber auch für alle jene, die einfach gerne in der Küche zaubern. 🥣✨

Frage an euch: Fällt euch eine Formulierung ein, bei der die Sprache von der Entwicklung längst überholt worden ist? 🤔
Ein Beispiel: Das Licht anzünden. Heute kippen wir nur noch den Schalter, „zünden“ aber längst keine Flammen mehr an.

Ja? Dann ab in die Kommentare damit. Ich bin gespannt. 😊

Da hast du den Salat – Geschichten zur Sprache und Kultur der Küche

von Christian Schmid

Cosmos Verlag | 2016 | 290 Seiten

ISBN 978-3-305-00451-5 | Hardcover mit Umschlag

Zum Buch

Disclaimer: Rezensionsexemplar vom Verlag

4 Kommentare

  1. Zeilentänzerin

    Hey hey, ich war gerade ganz gerührt, als ich meinen Blog unter deinen Lesetipps las! Herzlichen Dank. Witzigerweise habe ich deinen Blog nun ganz durch Zufall entdeckt und mochte ihn sofort! Ich komme nun öfter!

    Zeilentänzerin

    Antworten
    • Noëmi

      Liebe Zeilentänzerin. Oh so schön, das freut mich riesig! Herzlichen Dank – und auf bald 😊

      Antworten
  2. Christian

    Eben entdecke ich Deine Besprechung meines „Salat“-Buches in Deinem Blog. Herzlichen Dank! Ich entschloss mich das Buch zu schreiben, nachdem ich in einer grossen Buchhandlung mit riesiger Kochbuchabteilung eine Verkäuferin nach einem Buch über die Geschichte der Küche und des Kochens gefragt und sie mir geantwortet hatte: Das gibt es nicht, das interessiert niemanden. Das hat mich geärgert, denn diese Geschichte ist viel interessanter als die von Kriegen.

    Antworten
    • Noëmi

      Wie mich dein Kommentar freut, lieber Christian! Und das finde ich auch, die Geschichte der Küche und des Kochens ist doch total spannend! 🙂

      Antworten

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