«Vom Ende der Einsamkeit» von Benedict Wells habe ich bei der wundervollen Zeilentänzerin entdeckt. Und ich bin ihr dankbar dafür, denn diese Geschichte ist tief berührend und die Menschlichkeit der Figuren beeindruckend.
Ein tragischer Autounfall verändert alles
Als Jules, der ich-Erzähler der Geschichte, nach einem Motorradunfall im Krankenhaus liegt, zieht seine Kindheit vor seinem inneren Auge vorbei. Er erzählt uns seine bewegende Familiengeschichte, die so nah an der Realität liegt, dass sie unter die Haut geht:
Die drei Geschwister Jules, Liz und Marty Moreau verlieren ihre Eltern früh bei einem Autounfall. Als Waisen wachsen sie im Internat auf, wobei jeder der drei auf seine eigene Art versucht, mit dem tiefen Schmerz umzugehen. Jules, einst draufgängerischer Junge, wird vorsichtiger, ruhiger, in sich gekehrt. Welch ein Glück, dass es Alva gibt, Jules‘ Mitschülerin, die ihn auch ohne grosse Worte versteht.
Später – Jules ist mittlerweile Ehemann von Alva, Vater von zwei zauberhaften Kindern – scheint die anfängliche Angst vor der Einsamkeit endlich überwunden und Jules freut sich auf eine glückliche, lange und friedliche Zukunft mit Alva und den Kindern. Doch dann wird bei Alva Krebs diagnostiziert.
Menschlich und schnörkellos
Was macht dieses Buch so besonders, fragst du dich?
Es sind Jules, Alva, Liz und Marty, deren Charaktere so lebendig ausgestaltet sind, dass sie die Erzählung ausmachen. Die Geschwister diskutieren, lachen und weinen, sind innerlich zerrissen oder weltbewegend glücklich. Wir lernen ihre Wünsche, Ängste und Ticks kennen. – Wir begleiten sie über Jahrzehnte hinweg, sehen sie heranwachsen und erwachsen werden. Dabei entsteht eine intime Nähe, die mich als Lesende total eingenommen hat.
Wells Sprachstil unterstreicht diese Intimität. Seine Sprache ist schnörkellos und elegant, voll, rund, klar. Seine Worte machen niemandem etwas vor. Sie sind ehrlich. Direkt. Und berührend.
Wie das Leben selbst
Die Familie spielt eine entscheidende Rolle in der Geschichte. Immer wieder ist sie es, die auffängt, vorantreibt – oder enttäuscht. Wells beschreibt Liebe ohne Kitsch und geht der Frage nach, ob es Seelenverwandtschaft gibt. Tragische und liebevolle Momente wechseln sich ab. Es ist eine Familien- und Liebesgeschichte in sehr menschlicher Ausgestaltung.
«Vom Ende der Einsamkeit» war mein Benedict-Wells-Debut. Ich hatte schon viel Lobenswertes über, aber noch nie etwas von ihn gelesen. Meine Erwartungen waren dementsprechend hoch.
Und ich wurde nicht enttäuscht. Diese Geschichte kann ich einfach bedingungslos weiterempfehlen. 🌟
Vom Ende der Einsamkeit
von Benedict Wells
gelesen von Robert Stadlober
Diogenes Hörbuchverlag | 2018 | 455 Minuten (gekürzte Fassung)
ISBN 978-3-257-69320-1 | Hörbuch
Disclaimer: Rezensionsexemplar vom Verlag
Eines meiner absoluten Lieblingsbücher!!