Emotional Hochsensible sind «möglichst neutral beschrieben äusserst feinfühlig und einfühlsam und haben generell mehr, differenziertere und stärkere Emotionen, Stimmungen oder Affekte, die zudem länger nachwirken», schreibt Dagmar Fenner.
Aber hättest du zum Beispiel auch gewusst, dass Hochsensible häufig Ausbildung, Beruf oder Arbeitsstelle wechseln? Und das nicht, weil es ihnen zu viel würde, sondern:
«Dies liegt zum einen daran, dass sie häufig ein sehr breites Interessenspektrum und viele Talente haben, eher Generalisten als Spezialisten sind und von ihrem starken Wissensdrang und ihrer Neugierde zum Fortschreiten angetrieben werden.»
– Seite 93
Kein Ratgeber, sondern phänomenologische Beschreibung
Die Autorin Dagmar Fenner ist Titularprofessorin für Philosophie am Departement Künste, Medien, Philosophie der Universität Basel und lehrt Ethik an verschiedenen deutschen Universitäten. Sie ist selbst hochsensibel und beleuchtet das Phänomen aus wissenschaftlicher Sicht, analytisch und beschreibend.
Das Sachbuch ist informativ und lehrreich. Ganz bewusst grenzt Dagmar Fenner sich mit ihrem Buch von einem Ratgeber ab: Sie will keine Tipps für Hochsensible geben, sondern vielmehr das Phänomen an sich verständlich machen.
Da die Bandbreite der Hochsensibilität gross ist (es gibt mehrere Dimensionen der Hochsensibilität: sensorisch, kognitiv oder emotional) gelangt vermutlich jede:r früher oder später an einen Punkt, wo er oder sie sich mit einzelnen Symptomen identifizieren kann. Für mich stellt sich also die Frage (die leider unbeantwortet blieb): Ab wann ist jemand hochsensibel und bis wo «bloss» sensibel?
Medikation für Hochsensible?
Dagmar Fenner erklärt, wie Betroffene im Alltag oft stark eingeschränkt sind. Manche leider unter ihrer Hochsensibilität derart, dass sie sich von den Eindrücken an einem Business Event beispielsweise eine Woche lang erholen müssen. Es überrascht zwar nicht, dass in diesem Zusammenhang die Frage nach einer Medikation für Hochsensible zur Sprache gebracht wird.
Doch bei mir stellen sich bei diesem Gedanken die Nackenhaare auf. Es kann doch nicht richtig sein, dass das Zarte und Empfindsame als Krankheit angesehen wird? Und dass der gesellschaftliche Alltag für Hochsensible nur noch mit Medikamenten ausgehalten wird? Da liegt das Problem meiner Meinung nach ganz woanders.
Wiederholend und trocken, aber informativ
Leider wiederholt sich Dagmar im Buch sehr oft. Das letzte Kapitel fasst ähnlich einem Fazit in einer wissenschaftlichen Arbeit das Wichtigste zusammen. Hat man aber vorher alle Seiten bereits gelesen, ist das Ende deutlich zu lang. Das Sachbuch eignet sich aus meiner Sicht kaum zum am-Stück-lesen. Es ist vielmehr ein Nachschlagewerk, das aber einen guten Überblick über das Phänomen der Hochsensibilität und den aktuellen Forschungsstand (2021) gibt.
Hochsensibilität – Phänomenologische und ethische Überlegungen
von Dagmar Fenner
Schwabe Verlag Basel | 2021 | 180 Seiten
ISBN 978-3-7965-4367-8 | Taschenbuch
Disclaimer: Rezensionsexemplar vom Verlag
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